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Politik gehört ins Parlament und nicht in den Gerichtssaal!

21.6.2021 In den Zeitungen sind Berichte über die Rechtsanwältin Franziska Heß zu lesen, die die Klage gegen das sogenannte Klimaschutzgesetz mitformulierte. Das Bundesverfassungsgesetz hat dieses Gesetz am 29. April wegen mangelnder Berücksichtigung der Interessen nachfolgender Generationen für teilweise grundgesetzwidrig erklärt. Danach hat die Bundesregierung das Gesetz weiter verschärft. Aus den Berichten geht zunächst hervor, daß Frau Heß stellvertretende Landesvorsitzende des BUND Sachsen ist und daß die Klage vom Solarenergieverein Deutschland mitfinanziert wurde. Da zeigt sich der politische und wirtschaftliche Hintergrund der Klage. Außerdem: Es ist bei solchen „politischen“ Klagen nicht immer mehr so, daß ein Kläger sich einen Rechtsanwalt sucht. Es war vielmehr umgekehrt: Frau Heß als Rechtsanwältin suchte sich Kläger, die der Klage ein glaubwürdiges Gesicht verleihen sollten. Frau Heß war nach eigener Aussage überrascht von dem Urteil – und erwähnt auch das „Umstürzlerische“ am Urteil: Das Grundgesetz definiert eigentlich Abwehrrechte der – jetzt lebenden – Bürger gegen den Staat. Das Urteil führt aber Rechte der kommenden Generationen ins Feld, um die Rechte der jetzt lebenden Bürger einzuschränken. Das wirkt wie eine Umkehrung: Der Staat hat – als Interessenvertreter unbekannter Personen – „Abwehrrechte“ gegen seine Bürger. Das muß scharf kritisiert werden. Denn jedes Handeln in der Gegenwart hat Auswirkungen auf die Zukunft. Müßte man nicht z.B. die Staatsverschuldung untersagen? Sie hat ja zweifellos Auswirkungen auf zukünftige Generationen! Und – wer weiß, ob eine jetzt vernünftig erscheinende Investition z.B. in einen Windpark späteren Generationen als eine Umweltsünde erscheinen wird? Was ich sage: Jede Gesellschaft muß die Interessen zukünftiger Generationen im Blick haben. Nur ist das eine Sache persönlicher und politischer Entscheidungen. Kein Gericht kann das Interesse zukünftiger Generationen angemessen feststellen. Dazu kommt die Versuchung für Gerichte, als Ersatz-Politiker zu handeln. Es ist bekannt, daß – beileibe nicht nur im Umweltrecht – manche Klagen so gestaltet werden, daß sie bei Richtern zur Entscheidung landen, die dem Anliegen positiv gegenüberstehen. Es soll sogar Fälle geben, wo Richter über indirekte Kanäle Kläger suchen, über deren Anliegen sie dann urteilen können. Das scheint mir ein grundsätzliches Problem bei Verfahren gegen die Allgemeinheit (den Staat als Ganzes) zu sein. Man probiert es – und ab und zu kommt man mit seinem (politischen) Anliegen durch, vielleicht auch, weil Juristen auch politische Meinungen haben und manche versucht sind, diese ihre Meinung durch gewagte Interpretationen von Paragraphen auch ohne politische Mehrheit durchzusetzen. Und da im Urteil das Gericht sich selbst zum Interessenvertreter kommender Generationen erklärt hat und damit behauptet, deren Interessen zu kennen, kommt es zur oben beschriebenen Umkehr der Grundrechte: Der Staat macht nunmehr im Namen zukünftiger Bürger Grundrechte geltend, die er gegen seine eigenen Bürger einsetzt. Wo hatten wir nicht kürzlich ein ähnliches Problem? Richtig, bei der Frage der Einfügung von extra „Kinderrechten“ im Grundgesetz. Hört sich vielleicht gut an, aber: Es ist bisher so, daß die Eltern die Rechte für ihre Kinder stellvertretend wahrnehmen. Die Einführung solcher „Kinderrechte“ führt absehbar dazu, daß staatliche Institutionen im Namen der – unmündigen – Kinder sich Rechte gegen die Eltern nehmen. Schlußfolgerung: Politische Entscheidungen sollten nicht im Gerichtssaal, sondern durch Politiker getroffen werden. Und: Grundrechte der Bürger sind keine Grundrechte mehr, wenn sie vom Staat gegen die Bürger eingesetzt werden (können).   Herzliche Grüße Ihr Udo Nistripke